Begriff
Eine betriebliche Übung ist ein wiederholtes, gleichförmiges Verhalten des*der Arbeitgeber*in, das bei den Arbeitnehmenden das schützenswerte Vertrauen erweckt, ihnen stünde diese Leistung auch in Zukunft zu. Die betriebliche Übung begründet einen arbeitsvertraglichen Anspruch, auch dann, wenn der*die Arbeitgeber*in keinen Rechtsbindungswillen hat gemäß § 151 BGB. Entscheidend sind hierbei die wiederholte Leistung und der kollektive Bezug, sodass die Arbeitnehmenden daraus das schutzwürdige Vertrauen ableiten, dass sich der*die Arbeitgeber*in dauerhaft binden will.
Beispiele
Die prominentesten Beispiele für die betriebliche Übung sind:
- Weihnachtsgeld
- Gratifikationen oder Prämien
- Urlaubsregelung zur Verteilung des Urlaubs
- Pausenregelung (Umfang und Lage der Pausenzeiten)
Entstehung
Die regelmäßige Wiederholung eines bestimmten, gleichförmigen Verhaltens des*der Arbeitgeber*in stellt eine konkludente Willenserklärung des*der Arbeitgeber*in dar, welche von den Arbeitnehmenden stillschweigend (also konkludent) durch widerspruchslose Fortsetzung der Arbeit angenommen wird. Der*die Arbeitgeber*in muss dazu auch keinen Verpflichtungswillen haben, es reicht, wenn bei den Arbeitnehmenden das schützenswerte Vertrauen geweckt wurde, ihnen werde die Leistung auch in Zukunft gewährt.
Verhinderung
Die Entstehung der betrieblichen Übung kann durch eine Gewährung unter einem ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt bzw. dem Hinweis, dass die Auszahlung für die Zukunft keinen Rechtsanspruch begründet, ggf. verhindert werden. Auch eine doppelte Schriftformklausel, bei der nicht nur die Änderung des Vertrags, sondern auch die Änderung derselbigen Klausel von der Schriftform abhängig gemacht wird, kann die Entstehung verhindern. An diese Klauseln sind aber gewisse Ansprüche zu stellen, die mit einem*einer Spezialist*in abgesprochen werden sollten.
Beseitigung
Mit der Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts, der eindeutig ist, kann der*die Arbeitgeber*in den Arbeitnehmenden einen entstandenen Anspruch aus betrieblicher Übung wieder nehmen. Allerdings sind hier hohe Anforderungen an den Widerrufsvorbehalt zu stellen, sodass fachliche Hilfe in Anspruch genommen werden sollte. Ansonsten kann die betriebliche Übung durch Individualvereinbarung oder bei Vorliegen eines (Kündigungs-) Grundes durch Änderungskündigung beseitigt werden. Die Praxistauglichkeit dieser ist jedoch zu hinterfragen.
Das Konstrukt einer gegenläufigen betrieblichen Übung hat das BAG jedoch abgelehnt.
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Einzelnachweise/Zitate/Quellen
- Grobys/Panzer, Stichwortkommentar Arbeitsrecht, 3. Auflage 2017.