Begriff
Der Begriff Arbeitnehmer*in stammt aus dem Arbeitsrecht und ist durch die Rechtsprechung und Lehre aufgrund einiger Kriterien über die Jahre entwickelt worden. Der zum 01.04.2017 in Kraft getretene § 611a BGB hat die entwickelten Kriterien zusammengefasst und lautet wie folgt:
„Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.“
Hiernach ist Arbeitnehmer*in, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.
Die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft ist unter Würdigung aller Gesamtumstände vorzunehmen. Das wesentliche Kriterium der Arbeitnehmereigenschaft ist hierfür nach ständiger Rechtsprechung des BAG und der herrschenden Lehre die persönliche Abhängigkeit des*der zur Dienstleistung Verpflichteten von dem*der Dienstberechtigten (so bereits BAG 28. 2. 1962 – 4 AZR 141/61). Die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft ist wichtig, damit die Arbeitnehmer(Schutz)-Vorschriften greifen.
Ein*e Arbeitnehmer*in ist also nach folgenden Merkmalen zu klassifizieren:
Aufgrund Vertrag
Der*die Arbeitnehmer*in wird – in Abgrenzung zum*zur Beamt*in – aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages angestellt.
Zur Leistung von Diensten
Der zugrundeliegende Vertrag muss ein Vertrag sein, nach dem man als Arbeitnehmer*in zu Diensten in persönlicher Abhängigkeit zum*zur Arbeitgeber*in verpflichtet ist und nicht beispielsweise verpflichtet ist, einen besonderen Erfolg (z.B. ein Werk i.S.e. Werkvertrages) herbeizuführen.
Weisungsgebunden
In Abgrenzung zur Selbständigkeit bietet der 2017 in Kraft getretene § 611a Abs. 1 S. 3 BGB einen Richtwert. Weisungsgebunden ist hiernach, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Die Weisungsgebundenheit hängt mit dem Weisungsrecht des*r Arbeitgeber*in nach § 106 S. 1 GewO zusammen. Hiernach kann der*die Arbeitgeber*in Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Ein Arbeitsverhältnis liegt nach Rechtsprechung des BAG insbesondere vor, wenn der*die Arbeitgeber*in innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann; dies ist u.a. der Fall, wenn eine ständige Dienstbereitschaft erwartet wird.
Persönliche Abhängigkeit
Nach § 611a BGB hängt der Grad der persönlichen Abhängigkeit von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Fest steht jedoch, dass eine persönliche Abhängigkeit vorliegen muss. Kennzeichen für eine persönliche Abhängigkeit sind u.a. die Eingliederung in den Betrieb und das fehlende unternehmerische Risiko. Die Pflicht zur Befolgung von Anweisungen des*der Arbeitgeber*in spielt hier auch eine Rolle. Persönlich abhängig können nur natürliche Personen sein; auch das ist ein Kriterium für die Arbeitnehmereigenschaft. Wie oben aber schon festgestellt, muss eine Gesamtschau ergeben, dass eine Arbeitgebereigenschaft vorliegt.
Abgrenzung zur Selbständigkeit
Nach § 84 Abs. 1 S. 2 HGB ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Aufgrund der Weisungsungebundenheit ist der*die Selbständige von dem*der Arbeitnehmer*in abzugrenzen.
Pflichten des*der Arbeitnehmer*in
Dem*der Arbeitnehmer*in obliegen aufgrund des Arbeitsverhältnisses diverse Pflichten. Die Hauptpflicht des*der Arbeitnehmer*in besteht in der persönlichen Leistung der Arbeit am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und in der richtigen Art und Weise. Nebenpflichten des*der Arbeitnehmer*in sind u. a. die Verschwiegenheitspflicht im Hinblick auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, das Wettbewerbsverbot, das Verbot der Annahme von Schmiergeldern oder ein Verbot des Nachgehens einer ungenehmigten Nebentätigkeit.
Vertragliche Vereinbarungen
Wenn die oben beschriebenen Merkmale vorliegen und die Gesamtumstände eine Arbeitnehmereigenschaft feststellen lassen, dann können Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in keine anderweitigen vertraglichen Vereinbarungen treffen. Schließen sie dennoch einen Vertrag über eine „freie Mitarbeit“ oder einen „Werkvertrag“, so kann dies unberücksichtigt bleiben. Dies stellt auch § 611a BGB klar, wonach eine Bezeichnung des Vertrages nichts an der tatsächlichen Arbeitnehmereigenschaft ändert. Dies können die Parteien nicht vertraglich ändern.
Besonderheit: arbeitnehmerähnliche Person
Eine arbeitnehmerähnliche Person zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht persönlich abhängig ist. Dafür ist sie wirtschaftlich abhängig. Wirtschaftlich abhängig ist man, wenn man auf die Verwertung seiner Arbeitskraft und Einkünfte aus der Tätigkeit für den*die Vertragspartner*in zur Sicherung seiner Existenzgrundlage angewiesen ist (BAG, 17.1.2006 – 9 AZR 61/05). Sie ist vergleichbar sozial schutzbedürftig mit einem*einer Arbeitnehmer*in.
Verwandte Themen
Einzelnachweise/Zitate/Quellen
- Staudinger/Richardi/Fischinger, Kommentar zum BGB, 2016.
- Erman, Kommentar zum BGB, 15. Auflage 2017.