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Urlaubsrecht

Neuerungen im Urlaubsrecht – Was Arbeitgebende unbedingt beachten sollten

Passend zum Jahresbeginn starten wir direkt mit einem Thema, das gerade für Personaler*innen bei der Konzeption eines gut strukturierten Betriebsjahres nicht selten zu einem Stolperstein werden kann: die Urlaubsplanung.
  • 1.
    Vorangegangene Regelung des Urlaubsanspruchs
  • 2.
    Neue Fürsorgepflichten der Arbeitgebenden
  • 3.
    Weitere Neuerungen auf einen Blick
  • 4.
    Auswirkung auf vertragliche Urlaubsregelung
  • 5.
    Was Arbeitgeber*innen tun sollten
Im deutschen Urlaubsrecht war es lange Zeit Gang und Gäbe, dass Urlaubsansprüche der Mitarbeitenden automatisch mit Ablauf des 31. Dezember und spätestens mit Ablauf des 31. März des Folgejahres verfallen. Dieser Automatismus wurde 2018 vom Europäischen Gerichtshof auf den Kopf gestellt und 2019 setzte das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil vom 19. Februar diese Änderung um.
Doch was muss man als Arbeitgeber*in seitdem anders handhaben als zuvor? Gibt es bei der Urlaubsübertragung Gestaltungsmöglichkeiten und welche Kriterien gibt es für den Urlaubsverfall? Wir zeigen euch, wie ihr mit dem richtigen Hintergrundwissen frisch ins neue Arbeitsjahr starten könnt, welche Auswirkung diese Neuerung auf die vertragliche Urlaubsregelung hat und was die Vererbbarkeit für eine Rolle im Urlaubsrecht spielt.

Vorangegangene Regelung des Urlaubsanspruchs

Die eingeschränkte Übertragbarkeit des Urlaubsanspruchs ins Folgejahr kann dem Bundesurlaubsgesetz in § 7 Abs. 3 entnommen werden: Der Urlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden, ansonsten verfällt er. Eine Ausnahme kann nur gewährt werden, wenn dringende betriebliche oder persönliche Gründen dagegensprechen.
Persönliche Gründe könnten beispielsweise eine Arbeitsunfähigkeit sein oder eine schwerwiegende Erkrankung von Angehörigen, die gepflegt werden müssen. Auf betrieblicher Seite wären mögliche dringende Gründe unter anderem termingebundene Aufträge oder technische Probleme im Betriebsablauf. In diesen Fällen muss der Urlaub allerdings in den ersten drei Monaten des Folgejahres angetreten worden sein. Die Intention dessen ist, dem Ansammeln von Urlaubsansprüchen entgegenzuwirken. Zumal sonst auch der ursprüngliche Sinn und Zweck der Vorschrift, die Erholung der Arbeitnehmenden, nicht erfüllt wird. Wird der Urlaub bis zum 31. März nicht genommen, verfällt er vollends.
Dieser Verfall geschieht kraft Gesetzes und kann im Normalfall nicht aufgeschoben werden; das bedeutet im Rückschluss, dass die Verantwortung, Urlaub zu beantragen und dafür zu sorgen, alle zur Verfügung stehenden Urlaubstage zu nutzen, allein bei den Arbeitnehmenden lag.

Neue Fürsorgepflichten der Arbeitgebenden

Bei der Frage, wann genau die Urlaubsansprüche denn verfallen, hat das Bundesarbeitsgericht seine bisherige Rechtsprechung zum Urlaubsverfall an EU-Recht angepasst. Der Europäische Gerichtshof hatte in einigen Entscheidungen zuvor bereits verdeutlicht, wie bedeutsam der bezahlte und gesetzlich festgelegte Mindesturlaub ist und als ein Grundsatz des Sozialrechts der Union zu verstehen ist. Der EuGH entschied zuletzt, dass es unionsrechtswidrig ist, den Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer*innen automatisch verfallen zu lassen, bloß weil kein Urlaubsantrag eingereicht wurde.
Grund und Zweck des Bundesurlaubsgesetzes liegt schließlich im sozialen Arbeitsschutz und nicht zuletzt im Schutz der Arbeitnehmenden. Jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeitnehmerin steht ein Mindestmaß an Erholungsurlaub zu. Das ergibt für einen gut funktionierenden Betrieb natürlich auch Sinn, denn wie wir wissen, ist der wohlverdiente Erholungsurlaub für jede*n einzelne*n Mitarbeiter*in ein wichtiges Gut, das nicht unwesentlich zu einem positiven Betriebsklima und gesteigerter Einsatzbereitschaft führt.
Inzwischen hat der Europäische Gerichtshof und das Bundesarbeitsgericht genau diese Verantwortung der Arbeitnehmenden, dem Urlaubsanspruch in Eigenregie Rechnung zu tragen, auf die Arbeitgeber*innen umgemünzt und somit seine Mitwirkungsobliegenheiten verstärkt: Die Regel, dass Urlaubsansprüche kraft Gesetzes bei Nichtwahrnehmung verfallen, sollen nur noch dann gelten, wenn es den Arbeitnehmer*innen de facto möglich war, Urlaub zu nehmen, dieser aber – aus welchen Gründen auch immer – trotzdem nicht genommen wurde. Die Gerichte gehen davon aus, dass dies nur dann anzunehmen sei, wenn man als Arbeitgeber*in die Arbeitnehmer*innen rechtzeitig auf den drohenden Verfall des Urlaubs hingewiesen hat. Zudem muss den Arbeitnehmenden auch eine angemessene Gelegenheit zum rechtzeitigen Antritt des noch bestehenden Urlaubsanspruchs gegeben werden. Unterbleibt dieser Hinweis, tritt der am 31. Dezember des Urlaubsjahres verbleibende Urlaub zu dem Urlaubsanspruch hinzu, der am 1. Januar des Folgejahres entsteht.

Weitere Neuerungen auf einen Blick

Wir haben bereits ausführlich festgehalten, dass der Urlaubsanspruch künftig nur noch dann endgültig und ersatzlos verfällt, wenn die Arbeitnehmenden es – nach rechtzeitigem und ordnungsgemäßem Hinweis durch die Arbeitgeber*innen – versäumt haben, den Urlaub wahrzunehmen.
Neu ist auch, dass das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zur Vererbbarkeit von Urlaubsansprüchen dem Europäischen Gerichtshof angepasst hat, sodass nicht genommene Urlaubstage Verstorbener nun in Form einer Auszahlung an die Hinterbliebenen vererbt werden können.
Zusätzlich ist auch Schadensersatz wegen nicht gewährten Urlaubs möglich. Voraussetzung hierfür ist, dass Arbeitnehmer*innen den Urlaub rechtzeitig beantragt und die Arbeitgebenden den Urlaub entweder vorsätzlich oder aber fahrlässig nicht gewährt oder den Arbeitnehmer*innen nicht auf den möglichen Verfall hingewiesen haben.
Auch im Falle von längerer Krankheit hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung grundlegend revidiert: Während zuvor die Ansicht vertreten wurde, der Urlaubsanspruch verfalle spätestens dann, wenn Arbeitnehmer*innen bis zum Ende des Urlaubsübertragungszeitraum (also dem 31. März) krank waren, lautet die aktuelle Rechtsprechung nun: Können Arbeitnehmer*innen den Urlaub aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraumes nicht nehmen, bleibt der Urlaubsanspruch als Freizeitanspruch zunächst erhalten. Jedoch kann der Urlaubsanspruch auch hier nicht ohne Weiteres bei jahrelang anhaltender Krankheit aufaddiert werden. Es ist demnach zulässig, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch spätestens 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahres verfällt.

Auswirkung auf vertragliche Urlaubsregelung

Von den gesetzlichen Neuerungen unabhängig, dürfen Arbeits- oder Tarifvertragsparteien Konditionen, die den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch an Urlaubsansprüchen übersteigen, weiterhin frei regeln. Das Gesetz bietet den Arbeitnehmer*innen lediglich Schutz davor, keinen oder zu wenig Urlaub nehmen zu dürfen; dass die Parteien vertraglichen (Zusatz-)Urlaubsanspruch vereinbaren, ist eine anerkannte Praxis. Eine vertragliche Übertragung des Urlaubs auf das erste Quartal des Folgejahres kann somit auch ohne das Vorliegen besonderer Gründe festgelegt werden. Genauso kann auch der Verfall von Resturlaub mit einer ausdrücklichen Vertragsregelung vereinbart werden.

Was Arbeitgeber*innen tun sollten

  • Arbeitgeber*innen müssen den Arbeitnehmer*innen auf die Höhe des Resturlaubsanspruches hinweisen.
  • Dieser Hinweis sollte auch eine Aufforderung, den Urlaubsanspruch zu verplanen und entsprechende Anträge zu stellen, enthalten.
  • Anschließend sollte eine Belehrung enthalten sein, dass die Urlaubstage – sollten sie nicht genommen werden – mit Ablauf des 31. Dezember bzw. ausnahmsweise spätestens mit Ablauf des 31. März des Folgejahres verfallen werden.
  • Damit die ordnungsgemäße und rechtzeitige Unterrichtung der Arbeitnehmer*innen dokumentiert werden kann, sollten entsprechende Hinweise ausschließlich schriftlich erfolgen und bestenfalls Empfangsbestätigungen von den Arbeitnehmenden eingeholt werden.
  • Wichtig: Abstrakte Angaben im Arbeitsvertrag in Bezug auf den Verfall von Urlaubstagen reichen laut BAG nicht mehr aus, den Mitwirkungsobliegenheiten als Arbeitgeber*in Genüge zu tun. Es muss auf Seiten der Arbeitgeber*innen eine konkrete und transparente Unterrichtung zu Resturlaubstagen geben.
[1] Zum genaueren Nachlesen handelt es sich hierbei um folgende Urteile: EuGH – Urteile v. 6.11.2018, C-684/16 und C-619/16; BAG – Urteil v. 19.2.2019, 9 AZR 541/15.
Hinweis: Hierbei handelt es sich um unverbindliche Informationen. Die Autorinnen und Autoren übernehmen keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen, welche auch keine individuelle Rechtsberatung darstellen.
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