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flexible Arbeitszeitmodelle

Flexible Arbeitszeitmodelle: Work-Life-Balance als Wettbewerbsvorteil für Arbeitgebende

  • 1.
    Der Wunsch nach Ausgleich ist sehr weit verbreitet
  • 2.
    Möglichkeiten für flexible Arbeitszeitmodelle & mehr Work-Life-Balance
  • 3.
    Die Vorstellungen von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden gehen auseinander
  • 4.
    Viele arbeiten mehr als 48 Stunden in der Woche
  • 5.
    Nachteilige Aspekte flexibler Arbeitszeitmodellen für Arbeitgeber*innen
  • 6.
    Fazit: Chancen für Arbeitgeber*innen
Die meisten Personalverantwortlichen werden diese Szene kennen: An irgendeiner Stelle beginnt der*die Bewerber*in etwas unsicher zu werden, stammelt herum, bevor er*sie die Sätze rausbringt. Gleichzeitig wird mehrfach betont, dass man das bitte nicht falsch verstehen möge – aber die Aussage, die getroffen wird, ist eindeutig: „Ich möchte nicht mehr so viel arbeiten wie in meinem jetzigen Job.“ Das Ganze wird dann begleitet von Sätzen wie: „Das soll auf keinen Fall so klingen, als ob ich mich nicht engagieren möchte…“ oder „Bitte nicht falsch verstehen, aber ich habe eben auch ein Privatleben und das kommt im Moment zu kurz!“ und einige Erklärungsversuche mehr. Klar ist: Bewerber*innen wünschen sich heute mehr denn je eine gesunde Balance zwischen Berufs- und Privatleben. Aber ist das im Gastgewerbe möglich? Wer mit einem klaren „ja“ antwortet und Arbeitnehmenden entsprechende Modelle anbietet, kann dies bei dem harten Wettbewerb um Mitarbeitende strategisch für sich nutzen. Deswegen soll es heute darum gehen, wie flexible Arbeitszeitmodelle aussehen können und was in anderen Branchen bereits umgesetzt wird.

Der Wunsch nach Ausgleich ist sehr weit verbreitet

Die Erfahrung aus meiner Personalerinnen-Praxis zeigt: Der Wunsch nach „weniger Arbeiten – mehr Leben“ ist heute fast die Normalität. Während vor zwanzig Jahren noch niemand den Ausdruck Work-Life-Balance kannte, gibt es inzwischen sehr viele Bewerber*innen, denen genau diese Ausgewogenheit zwischen Beruf und Privatleben sehr wichtig ist und die zum großen Teil sogar bereit sind, dafür auf anderes (wie z.B. eine höhere Bezahlung oder Karrierechancen) zu verzichten. Sie nehmen für den Luxus Freizeit auch finanzielle Einschnitte in Kauf. Dieser Wunsch lässt sich nicht nur auf eine bestimmte Generation oder ein Geschlecht reduzieren, sondern betrifft alle Altersklassen, obwohl sehr viele Untersuchungen und Berichte dazu lediglich die sogenannte Generation Y (also die zwischen 1980 und 2000 Geborenen, auch Millennials genannt) betreffen.
Beispiele dazu häufen sich in den letzten Jahren. Ein Azubi (23 Jahre) legte nach seiner Ausbildung bei den Vertragsverhandlungen beispielsweise vor allem Wert darauf, dass er seinen Jahresurlaub am Stück nehmen kann, da er gern Fernreisen macht – dafür verzichtete er auf ein höheres Gehalt. In allen Branchen gibt es Pioniere und Vorreiter*innen, die entgegen aller Widerstände ein Sabbat-Jahr einfordern. Und natürlich werden Teilzeit-Modelle immer populärer, wofür sich mehr und mehr Menschen die passenden Positionen suchen. Selbst geteilte Führungspositionen sind eine spannende Option. Integrierte Work-Life-Balance Angebote sind daher besonders bei großen Unternehmen wie , Google & Co. Gang und Gäbe, was nicht bedeuten darf, dass kleine Unternehmen nicht auch gefragt und bereits aktiv sind.

Möglichkeiten für flexible Arbeitszeitmodelle & mehr Work-Life-Balance

Es gibt einen triftigen Grund dafür, wieso man sich flexible Arbeitszeitmodelle durch den Kopf gehen lassen sollte: Jeder Betrieb, der solche Optionen anbietet, hat bei der Suche nach neuen Mitarbeitenden einen klaren Wettbewerbsvorteil. Vielleicht sollte man solche Modelle sogar aktiv anbieten und nicht warten, bis jemand danach fragt? Nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung waren im Jahr 2018 rund 11 Millionen Menschen in Teilzeit beschäftigt. Im Jahr 2001 betrug die Zahl nur rund 7 Millionen. Das zeigt deutlich, wohin der Trend geht.
Welche Möglichkeiten für flexible Arbeitszeitmodelle gibt es also?
  • Teilzeit Classic“: Das klassische Teilzeitmodell. Dabei wird die tägliche Arbeitszeit stundenweise reduziert. Durch die regelmäßige Verteilung der Wochenarbeitsstunden ist „Teilzeit classic“ wohl die für Arbeitgeber*innen am einfachsten umzusetzende Form von Teilzeit.
  • „Teilzeit Classic Vario“: Das ist die variable Variante des Teilzeit-Classic-Modells. Die wöchentliche Arbeitszeit wird hier auf zwei bis fünf Tage verteilt. Dabei kann die tägliche, wöchentliche oder monatliche Stundenzahl variieren. Dieses Modell stellt im Vergleich zu Teilzeit Classic für das Gastgewerbe in der Regel die arbeitnehmerfreundlichere Variante dar und wird dort häufiger eingesetzt.
  • „Teilzeit Jobsharing“: Hierbei teilen sich zwei Arbeitnehmer*innen eigenverantwortlich eine Vollzeitstelle. So können Mitarbeitende, die in Teilzeit arbeiten, auch Vollzeitprojekte übernehmen und leiten. Wichtig: Es muss eine regelmäßige Abstimmung und ein Informationsaustausch erfolgen.
  • „Teilzeit Invest“: Der*die Arbeitnehmer*in arbeitet unverändert Vollzeit, bekommt aber ein Teilzeit-Gehalt. Die Differenz wird als Zeit- oder Geldguthaben auf einem Wertguthaben- oder Langzeitkonto angespart. Auf diese Weise werden mehrmonatige Freistellungsphasen wie zum Beispiel Sabbaticals oder die vorgezogene Rente möglich. Denn das Gehalt wird weitergezahlt.
  • „Teilzeit Team“: Der*die Arbeitgeber*in gibt vor, wie viele Mitarbeitende in bestimmten Zeitabschnitten anwesend sein müssen. Die Mitarbeitenden besprechen und planen im Team die jeweilige persönliche Arbeitszeit. Kurzfristige Änderungen sind bei diesem Modell jederzeit möglich.
  • Teilzeit Saison“: Bei diesem Modell werden Arbeitnehmende in Hochphasen Vollzeit beschäftigt. Ist die Auslastung niedriger, haben sie frei. Die Arbeitnehmenden erhalten ganzjährig ein monatliches Grundgehalt. Dieses Modell ist eine klassische Gastgewerbevariante (besonders für Saisonbetriebe). Der Sozialversicherungsschutz ist in der Regel durchgehend gewährleistet.
  • „Teilzeit Home“: Hierbei arbeiten die Arbeitnehmer*innen in Teilzeit von Zuhause aus. Die Arbeitszeiten müssen vereinbart sein, um die Erreichbarkeit des*der Mitarbeitenden zu sichern. Für das Gastgewerbe ist dieses Modell natürlich nur in Ausnahmen und auf bestimmte Positionen (wie etwa die Buchhaltung) anwendbar.

Die Vorstellungen von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden gehen auseinander

Trotz dieser Beispiele gehen die Vorstellungen von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden in Sachen Work-Life-Balance immer noch weit auseinander. Die Argumente, die von Arbeitgeberseite angeführt werden, sind euch sicher bekannt: „Das macht die Dienstplanung so schwer. Für den*die Kolleg*in ist kein Ersatz da. In dieser Position muss man immer da sein. So kann er*sie keine Karriere machen. Wir haben sowieso schon zu wenig Personal, da kann man das nicht ermöglichen.“ Und auch immer wieder: „Das haben wir noch nie gemacht.“ Die meisten Gastronom*innen und Hoteliers denken, dass sich flexible Arbeitszeitmodelle schlecht in den Betriebsalltag integrieren lassen. Der Wunsch nach Work-Life-Balance stellt Arbeitgeber*innen vermeintlich vor große Herausforderungen.

Viele arbeiten mehr als 48 Stunden in der Woche

Gleichzeitig gibt es noch viele Arbeitnehmer*innen, die gar nicht über Teilzeit und flexible Arbeitszeitmodelle nachdenken. Das sind diejenigen mit einem Vollzeitvertrag, die regelmäßig viel mehr Stunden arbeiten, als vertraglich geregelt. Das Statistische Bundesamt sagt: 11,4 % aller Vollzeiterwerbstätigen arbeiten mehr als 48 Stunden pro Woche (Zahlen aus 2016). Im Gastgewerbe sind es vermutlich noch viel mehr.
Flexible Arbeitszeitmodelle
Besonders interessant an dieser Statistik: Hier ist eine deutliche Unterscheidung in den Altersklassen zu sehen. Wie viele davon haben wohl den Wunsch ihre Arbeitszeiten zu reduzieren? Mein Bewerber aus dem Gespräch von letzter Woche wollte genau das: Er wollte 38 – 40 Stunden pro Woche arbeiten und war sogar damit einverstanden, dafür weniger Gehalt zu bekommen als in seinem vorherigen Job. Arbeitgeber*innen, die es schaffen das zu unterstützen, haben langfristig mehr Chancen Mitarbeitende zu finden und zu halten. Und das beginnt mit einem Umdenken und einer offenen Einstellung zu diesem Thema.

Nachteilige Aspekte flexibler Arbeitszeitmodellen für Arbeitgeber*innen

Bei allen Vorzügen müssen in Hinblick auf flexible Arbeitszeitmodelle ebenfalls die betriebswirtschaftlichen Aspekte sowie die Vor- und Nachteile im Vorfeld bedacht werden. Einige für Arbeitnehmende spannende Modelle sind erst ab einer bestimmten Betriebsgröße möglich, so etwa das Langzeitarbeitskonto. Wer sich dieses Modell leisten kann, profitiert ganz klar von einer langfristigen Bindung der Mitarbeitenden an den Betrieb. Auch geteilte Stellen wie das oben genannte „Teilzeit Jobsharing“ oder „Teilzeit Team“ sind derzeit noch so rar, dass sie bei guter Durchführung zu einer wichtigen Säule des Employer Brandings werden könnten. Fällt in einem solchen Tandem oder Team jedoch jemand weg, weil er*sie kündigt, steht man vor der Herausforderung möglichst schnell einen passenden Ersatz zu finden. Zudem ist bei vielen in Teilzeit beschäftigten Mitarbeitenden und anderen flexiblen Arbeitszeitmodellen eine Erhöhung von Lohnbuchhaltungs- und Verwaltungsaufwand, Personalkosten, Arbeitsmaterialkosten etc. die Regel. Auch der Aufwand in Sachen Absprachen und Koordination von Aufgaben steigt somit. Es sollte vorab ein strategischer Rahmen abgesteckt werden, um sicher zu gehen, dass sich diese zunächst höheren Kosten binnen einer definierten Zeitspanne des alternativen Arbeitszeitmodells amortisieren. Wer die Effekte von flexiblen Arbeitszeitmodellen und vor allem Teilzeitmodellen messen möchte, kann die wichtigsten betrieblichen Kennzahlen zu Rate ziehen und analysieren. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang nach dieser Untersuchung des Österreichischen Instituts für Familienforschung an der Universität Wien „die Produktivität, Durchlaufzeiten, Mitarbeiterzufriedenheit, Fluktuation und Fehlzeiten.“ Ein Tipp an dieser Stelle: Wer seinen Betrieb aufmerksam beobachtet, braucht hier keine Empirie. Gerade bei Krankenstandsquoten zeigt sich trotz teils widersprüchlicher Studien: In Teilzeit arbeitende Menschen fallen seltener krankheitsbedingt aus, sind motivierter und ebenso loyal wie Vollzeit-Angestellte. Dies deckt sich absolut mit meiner Erfahrung aus der Praxis. Das Einführen flexibler Arbeitszeitmodelle lohnt sich außerdem besonders in Hinblick auf die Mitarbeiterbindung.

Fazit: Chancen für Arbeitgeber*innen

Viele Menschen suchen Jobs, die es ihnen ermöglichen, Berufliches und Privates in einen gesunden Einklang zu bringen. Deshalb gehen viele Firmen inzwischen kreative und erfolgreiche Wege im Bereich flexibler Arbeitsmodelle. Arbeitgeber*innen im Gastgewerbe können sich hier noch mehr abschauen und verschiedenste Modelle nutzen, um ihren Mitarbeitenden eine bessere Work-Life-Balance zu ermöglichen, was sich in jedem Fall positiv auf die Motivation sowie Produktivität der Mitarbeiter*innen und somit auf den ganzen Betrieb auswirkt. So können derartige Modelle für beide Seiten eine Flexibilisierung mit sich bringen, denn es lassen sich auch Arbeitsverhältnisse an die variablen Bedürfnisse des Betriebs und an mögliche (saisonale) Belastungsspitzen anpassen. Aber fast noch wichtiger ist: Gerade, wenn es um Mitarbeiter-Akquise geht, können entsprechende Angebote für Bewerber*innen sehr reizvoll sein und Arbeitgebenden einen deutlichen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Ich kenne Arbeitgeber*innen, die im Bewerbungsgespräch für Positionen im Service fragen: „Möchten Sie an fünf, vier oder drei Tagen in der Woche arbeiten?“ Und sie sind sehr erfolgreich damit. Mein Fazit also: Wenn man sich auf flexible Arbeitsmodelle gedanklich einlässt und sie umsetzt, wird man schnell feststellen, dass neue Wege neue Potenziale offenlegen – nicht nur für Arbeitnehmende, sondern auch für Arbeitgebende!
Dieser Artikel ist Teil unserer Themenseite: Zeiterfassung
Hinweis: Hierbei handelt es sich um unverbindliche Informationen. Die Autorinnen und Autoren übernehmen keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen, welche auch keine individuelle Rechtsberatung darstellen.
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